RhB: Weltrekordversuch startet in Preda
Nur noch vier Tage – und die Spannung steigt. Am Samstag, 29. Oktober, wird die RhB ab 14 Uhr den Versuch unternehmen, mit 25 vierteiligen Capricorn-Triebzügen über die Albulalinie zu fahren. Gelingt das Vorhaben, dann ist nicht nur über die Unseco-Welterbestrecke der längste Personenzug aller Zeiten gefahren, sondern der weltweit längste Personenzug – 1910 Meter lang. Im Jahr des 175. Jubiläums ihrer Eisenbahn könnte die Schweiz dann auf einen weiteren Bahnrekord stolz sein, denn einen hält sie schon: Der derzeit längste Eisenbahn-Tunnel der Welt ist der 57 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel.
In der Nacht auf Samstag beginnt in der Albula-Region die letzte heiße Phase der Vorbereitungen für den Rekordversuch. Im Albulatunnel werden bis in den Samstagvormittag hinein die 25 Capricorn-Zugeinheiten mit ihren 100 Wagen aufgereiht. Start zur Rekordfahrt ist um 14 Uhr in Preda, dabei fährt der Zug nur mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h bergab. Gegen 14.25 Uhr ist ein zehnminütiger Halt in Bergün vorgesehen, 15.15 Uhr soll mit der spektakulären Überquerung des Landwasserviadukts das Ziel erreicht werden. Vor der nachfolgenden Station Alvaneu werden die 25 Capricorns dann wieder getrennt und gehen Einheit für Einheit wieder in den Regelverkehr zurück, der am Samstag auf der gesperrten Strecke nicht verkehrt. Erst ab Sonntag, 30. Oktober, gilt auf der Albulalinie wieder der normale Fahrplan.
Die schweizerische Zeitung Blick wird mit „Blick TV“ den RhB-Weltrekordversuch exklusiv begleiten und aus drei Studios senden. Der Livestream kann im Internet verfolgt werden. Nach eigenen Angaben von Blick handele es sich um die größte Produktion in der noch jungen Geschichte des Senders. Das bedeutet: 55 Personen sind an der Live-Übertragung beteiligt. 19 Kameras liefern die Live-Bilder, darunter fünf direkt am und aus dem Zug, je eine an einem Helikopter und an einer Drohne. Blick berichtet derzeit täglich über den Weltrekordversuch – mit News, Hintergründen und auf Blick.ch mit Videos.
Nach den erfolgreichen und lehrreichen Hauptproben sieht nicht nur RhB-Direktor Renato Fasciati (47) der Aktion mit Spannung entgegen. „Wir haben mit der Bahnstrecke am Albula ein Kernstück des Unesco-Welterbes als Bühne für die einmalige Fahrt. Es ist eine der spektakulärsten Bahnstrecken der Welt. Bei einzelnen Abschnitten sieht man den Zug dank der Kehrtunnels auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Es wird ein unglaublicher Anblick“, äußerte er sich nach dem Test im Mai. Die Aktion soll zudem mehr als ein Tagesspektakel sein. Man erhoffe sich langfristig mehr Gäste in den Zügen und einen größeren Zusammenhalt des Personals untereinander. „Nach dem ganzen Pandemie-Frust fiebern wir gemeinsam einer außergewöhnlichen Leistung entgegen. Den längsten Personenzug der Welt auf dieser anspruchsvollen Strecke fahren zu lassen, ist für alle eine Pionier-Erfahrung.“ Dazu gehört auch, die 25 Capricorn erst einmal zusammenzuziehen und danach wieder an ihre Einsatzorte zu dirigieren. Bei der Hauptprobe im Mai war das etwas einfacher. Da waren es nur 16 Capricorn-Einheiten.
Der längste Güterzug misst über 7,3 Kilometer
Die RhB hat es nun in der Hand, einen seit über 31 Jahren währenden Rekord zu brechen. Denn der bislang längste Personenzug der Welt rollte am 27. April 1991 in Belgien über die Gleise, mit seinen 70 Wagen erreichte er eine Gesamtlänge von 1732,9 Metern. Den Titel des absolut längsten Zuges der Welt errang sich am 21. Juni 2001 ein australischer Güterzug: der „Australian BHP Iron Ore Train“. Acht Lokomotiven, 682 mit Erz beladene Waggons, rund 99.700 Tonnen Gesamtgewicht und eine Länge von 7.353 Metern sind das Maß aller Dinge. Ganz sicher wird der australische Ore Train auch nach dem gelungenen Rekordversuch der RhB noch eine ganze Weile der längste Zug der Welt bleiben. Einen kurzen Einblick in diese gewaltige Dimension gibt dieses australische Video. Keine Bange, es dauert nur gut eineinhalb Minuten.