Harz-Jubiläum: Die “Big Mama” fährt wieder
Jetzt heißt es: Daumen drücken für die 99 222, den ältesten im Harz eingesetzten Fünfkuppler. „Big Mama“, wie die DRG-Einheitslok und Vorläuferin der späteren DR-Neubauloks auch respektvoll genannt wird, ist aus Meiningen zurückgekehrt. Eigentlich hieß es Ende Januar, dass die Maschine einen neuen Zylinder erhalten sollte. Bei einer planmäßigen Fahrt zum Brockengipfel Ende September 2023 hatte die Lok einen gravierenden Riss am linken Zylinder erlitten. Ihr Einsatz im Jahr zu den 125-Jahre-Feierlichkeiten schien mehr als gefährdet. Und jetzt scheint der Einsatz wieder möglich.
Dennoch heißt es: Daumen drücken. Denn die Maschine kam aus dem Meininger Dampflokwerk nicht mit einem neuen, sondern einem reparierten Zylinder zurück. Die Meininger haben den Riss schweißen können. Es war offenbar auch die einzige Möglichkeit, die Lok noch rechtzeitig zu den Festivitäten nach Wernigerode zurückzubekommen. 99 222 hat am vergangenen Freitag auch schon die erste Probefahrt absolviert. Diese Woche folgt eine weitere Probefahrt, nachdem die Meininger zuvor die Maschine vor Ort indiziert haben.
Wenn die Schweißnaht hält, dann hat wenigstens die von Kiss Modellbahnen in IIm projektierte 99 222 ein betriebsfähiges Vorbild, wenn das Modell ausgeliefert wird. Den aktuellen Planungen zufolge soll das aber erst zum Jahresende 2024 sein, denn mit Ablauf der Vorbestellfrist, die noch eine freie Variantenauswahl ermöglichte, soll noch in diesem Monat mit der Produktion der Metallmodelle begonnen werden. Konzipiert für den Radius 1020 mm (den kleinen Spur 1-Radius), bietet das Finescalemodell eine konstruktive Besonderheit: Es verfügt erstmals über bewegliche Kolbenstangen-Schutzrohre. Diese können seitlich ausschwenken, um ein Anlaufen des Vorlaufradsatzes in Gleisbögen zu verhindern. Angefangen mit der Fotolackierung von 1931, sind insgesamt sechs zeitverschiedene Ausführungen der 99 222 geplant, die in sieben Jahren ihren 100. Geburtstag begehen kann.
Doch was wird eigentlich jetzt im Harz gefeiert? Es ist die 125-jährige Wiederkehr der Fertigstellung der NWE-Harzquerbahn im Jahre 1899, und die vollzog sich im gleichen Jahr, als die Südharzeisenbahn ihr eisernes Band von Walkenried nach Braunlage (und Wurmberg) aufgebaut hatte. Doch eigentlich ist die Bahn schon viel früher in den Harz gekommen – zumindest in den Ostharz. Bereits im Sommer 1887 wurde im Selketal die GHE-Strecke von Gernrode nach Mägdesprung eröffnet. Das ist jetzt schon 137 Jahre her und leider kein runder Geburtstag. Da wird man noch 13 Jahre warten müssen.
27. März: Jubiläums-Sonderzug
Obwohl das große Jubiläumsfest erst für das dritte Augustwochenende geplant ist, startet am 27. März ein Jubiläums-Sonderzug zum Brocken. Den Brockengipfel werden, so die Planung, in gemeinsamer Fahrt mit 99 6001 die einzige derzeit betriebsfähige Lok aus NWE-Zeiten (NWE 21) und eben die Einheitslok Big Mama 99 222 in Angriff nehmen, und zwar ab Drei Annen Hohne. Dort treffen sich 99 222, die ihren Zug aus Wernigerode mitgebracht hat, und 99 6001, die rückwärts aus Nordhausen anreist, damit beide Schornstein voraus die Bergstrecke befahren können. Der Ballerina wird dabei der Vortritt gewährt.
Doch im Jubiläumsjahr glänzt nicht alles, es fehlt an Ressourcen von Mensch und Maschine. Der zweite Dampfzug im Selketal verkehrt in diesem Sommer-Fahrplan 2024 nicht mehr. Es gibt nur noch einen pendelnden Dampfzug nach Harzgerode (der erste ab Gernrode). Zwischen Stiege und Eisfelder Talmühle verkehrt in diesem Sommer kein Dampfzug mehr. In Eisfelder Talmühle (unser Bild) halten dann nur Dampfzüge der Harzquerbahnlinie. Die beiden letzten Züge zum Brocken aus WR fahren entweder als Diesel (und das auch nur an Freitag und Samstag) oder entfallen, der letzte Dampfer um halb fünf ab Wernigerode fällt komplett weg. Dafür pendelt das Kamel einmal zusätzlich zwischen Drei Annen Hohne und Brocken.
Fotos: J. Rech (2), Kiss Modellbahnen D, H.-Joachim Gilbert (2)