ESU Tm 2/2: Der lange folgt auf den kurzen
Nun sind sie endlich da, die lange von ESU angekündigten RhB-Rangiertraktoren Tm 2/2, deren Originale von Schöma gebaut und die ab 2001 bei der Rhätischen Bahn in Dienst gestellt wurden. ESU hatte sie in der Pullman-Produktlinie schon 2021 als Formneuheiten angekündigt, der GBP-Blog berichtete am 21. August 2021 darüber. Dass gleich zwei Formneuheiten erschienen sind, hat einen Grund. Da ist einmal der kurze Tm 2/2 als 111–114, der zuerst erschien, jetzt gefolgt vom etwas längeren Tm 2/2 115–120. Es sind keine Spielmodelle, zu einem Preis um 2000 Euro erwartet man als Käufer detaillierte, aber auch fahrtaugliche Arbeitsbienen.
Was also bietet ESU? Beide Tm 2/2-Typen sind beidseitig mit Servo-angetriebenen Entkupplern ausgestattet, hier hätte man dem Modell eine Rangierkupplung von Massoth spendieren können. Denn ansonsten bietet das Modell Technik auf sehr hohem Niveau, mangelt es nicht an Ausstattungsdetails. Wie von ESU zu erwarten, besitzt das Modell eine digitale Vollausstattung mit einem LokSound 5 XL Decoder, der den satten Dieselsound und die Schweizer Lichtfunktionen steuert, wobei ihm ein Energiespeicher für die unterbrechungsfreie Stromversorgung zur Seite steht. Der Raucherzeuger qualmt sehr kräftig, etwas weniger wäre für diese Traktoren mehr.
Der Rangiertraktor rollt auf Edelstahlrädern, nimmt von allen vier Rädern Strom ab und durchfährt laut Hersteller trotz des langen Radstands als Mindestradius Gleisbögen von 600 mm, also R1. Bei optimal verlegten Gleisanlagen mag das zutreffen, doch sollte besser keine Weiche in einem solch engen Radius verlegt sein. Zumal der ESU-Traktor an einer elektrisch betriebenen Weiche erst einmal vorbeikommen muss. Der Bahnräumer ist für die im Garten oft auftretenden Toleranzen eigentlich zu tief angeordnet und man muss sich nicht wundern, wenn er gerne die Deckel der Weichenantriebe aus dem Weg räumen möchte – was er aber nicht schafft. Da helfen auch gefederte Achsen und Dreipunktlagerung des Fahrwerks angesichts niedriger Spurkränze nicht immer weiter. 900 mm sollte der kleinste Radius mindestens betragen. Aber im bevorzugten Arbeitsgebiet eines Traktors, und das ist nun mal ein Bahnhof, liegen bevorzugt – Weichen mit Elektroantrieben.
Zum Schauen gibt es allerhand Details, erwähnt seien beispielsweise die durchbrochen ausgeführten Trittstufen, plan eingesetzte Scheiben in schwarzen Gummiwulst-Imitationen, Schlauchverbindungen an der Pufferbohle oder die Rohrleitungen im Fahrwerksbereich, da könnte sich der orangefarbene Pullman-Traktor optisch an die Spitze des verfügbaren Modellangebots an Rangierfahrzeugen setzen. Aber eines irritiert den Betrachter: Je nach Umgebungslicht fällt mal mehr und mal weniger auf, dass das „weitgehend aus Metall gefertigte Modell“ auch Kunststoffteile besitzt – und zwar nicht nur Kleinteile. So ist bei den Aufbauten das Führerhaus aus Kunststoff gefertigt, der heller wirken kann als die aus Metall gefertigte Haube des Motorvorbaus. Das merkt man auch beim Befühlen.
Unsere neutralen Modellabbildungen zeigen die Betriebsnummer 111 (kurze Version, 333 mm lang, im Zustand um das Jahr 2001) und 116 (lange Version, 346 mm lang, im Zustand um das Jahr 2006). Kürzer ist übrigens nicht billiger und länger nicht teurer: Der Hersteller-UVP lautet jeweils 2095 Euro.
Der Kiss-Traktor hat eine Vorgeschichte
ESU hat nun umgesetzt, was Kiss Modellbahnen vor 15 Jahren geplant hatte: anspruchsvolle Modelle dieser Traktorenreihe, und zwar alle Betriebsnummern. Allerdings hatte Kiss seinerzeit eine Mischbauweise in Metall/Kunststoff vorgesehen, den Lokkorpus in Spritzguss, aber weder Verdampfer noch Entkuppler. Der Vorbestellpreis für die digitale Ausführung lag bei 595 Euro, doch realisiert wurden die angekündigten Traktoren nie, weder lang noch kurz.
Aber jetzt kommt von Kiss Modellbahnservice der RhB-Rangiertraktor Tmf 2/2 Nr. 89 aus der Kooperationsgemeinschaft von Gicomodel und Fertig-Modellbahnen. Wir konnten das in Kleinserie hergestellt knuffige Fahrzeug, ein Raco-Traktor der Serie 85–90, bereits als Vorserienmuster in den Händen halten und stellen es in der nächsten GBP-Ausgabe vor – außerdem vorab als Profi-Plus-Beitrag.
Die Vorgeschichte: 2009 hatte Kiss Modellbahnen die Tm 2/2-Typen 111-114 und 115-120 angekündigt, als Modelle in Mischbauweise Metall /Kunststoff. So, wie jetzt das ESU-Modell realisiert worden ist. Die heutzutage aufgerufenen Preise sind allerdings ganz andere.
EdGB fertigt beide Typen in Kleinserie
Diese Traktoren-Baureihe hat bislang bereits Ed‘s GartenBahn aus Kleinserienfertigung mit Gehäuse aus feinem 3D-Druck im Angebot, in der Ausstattung mit Fahrdecoder, Sound und gepulstem Verdampfer, also vergleichbar zum Pullman-Traktor, für 1540 Euro zu haben, wird aber nur auf Bestellung gefertigt, dafür sind Sonderwünsche möglich. Auch bei EdGB werden die Längenunterschiede der Modellreihen 111–114 und 115–120 samt ihren unterschiedlichen Ausstattungen berücksichtigt. Der Gartenbahn Profi stellte das lange Traktormodell Tm 2/2 120 in seiner Ausgabe 6/2016 auf den Seiten 20–25 vor. Die Rangiertraktoren der RhB in Vorbildern und Modellen waren Themen in den GBP-Ausgaben 3/2020 (S. 12–18) und 4/2020 (S. 68–74).
Wann TrainLine seine beiden angekündigten Tm 2/2, den Vorgängertyp 85 und den kurzen 111, abliefern wird, ist abzuwarten. Acht Jahre nach der Ankündigung hat jetzt erst einmal die Auslieferung der Oldtimerellok Ge 4/6 353 begonnen.